„Initiativen wie Citypastoral oder auch der Tafel in Marburg zeigen, dass es viele Menschen in dieser Stadt gibt, die es sich im wahrsten Sinne des Wortes zu Herzen nehmen, wenn sie der Armut begegnen. Viele setzen sich ein und versuchen zu helfen. Im großen und ganzen geschieht dies durch ehrenamtlichen Einsatz. Vielen Dank für diese Empathie! Auch wir haben über unsere Sozial- und Schuldnerberatung über 1000 Elisabethtaler am Richtsberg in Umlauf gebracht. Die Menschen haben sich gefreut – manche haben die Taler aber auch verschämt entgegen genommen.
Das stimmt uns nachdenklich: Ist es im Grunde nicht eher erschreckend, dass unsere wirtschaftsstarke, reiche Gesellschaft es nicht geschafft hat, Strukturen so aufzubauen und Finanzflüsse so zu leiten, dass weniger statt immer mehr Menschen auf mildtätige Gaben angewiesen sind? Die gut gemeinten Initiativen müssen deshalb um die politische Forderung ergänzt und erweitert werden, die Menschen grundlegend abzusichern. Die Tafeln sind inzwischen – wie ehedem die Zivildienstleistenden – zu einem festen Bestandteil der sozialen und existenzsichernden Struktur mutiert. Zu Recht haben sie sich in den vergangenen Wochen dagegen gewehrt! Sie wurden als Abmilderung der unterversorgten Spitzen gegründet und sind inzwischen im Bereich der Armutsversorgung an einen systemrelevanten Platz gestellt worden. Dass der Lebensmittelüberfluss zugleich einer sinnvollen Verwendung zugeführt wird, empfinden viele als charmante Win-Win-Situation. Eigentlich sollte Politik dies als Warnschuss verstehen und die wachsende Not durch konstruktive, belastbare und dauerhafte Strukturen abzumildern. Damit wäre den Menschen wirklich geholfen und schamhafte Situationen würden reduziert.“